Die Entwicklung der EZB-Leitzinsen sind in den letzten Jahren wieder mehr in den Mittelpunkt der Berichterstattung gerückt, nachdem es sehr rasch rauf ging und nun auch wieder rasch runter, dazwischen gab es eine hohe Inflation und jetzt im Moment eine Rezession. Es gibt einiges zu tun für die Währungshüter aus Frankfurt.
Wie werden sich die EZB-Leitzinsen entwickeln? Der Blick in die Glaskugel oder den Kaffeesud wäre eine Möglichkeit oder besser, ein Blick auf die Märkte, was ist deren Erwartungshaltung.
Ein Entwickler aus Deutschland hat nun das ECB Watch Tool entwickelt und versucht nach besten Wissen und Gewissen auf Basis von statistischen Ansätzen die Erwartungshaltung abzubilden.
EZB Zinssenkung von 3,00 auf 2,75 % zum 30.1.2025?
Was meint das ECB Watch Tool für den nächsten Termin am 30. Jänner 2025? Wie wird sich die EZB-Einlagenfazilität entwickeln?
- 82,3 % Wahrscheinlichkeit, dass der Zins auf 2,75 % gesenkt wird.
- 17,7 % Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Senkung erfolgt.
Warum keine unveränderten Zinsen?
Einige Nutzer auf Reddit, wo das Tool vorgestellt wurde, haben gefragt, warum das ECB Watch Tool keine Möglichkeit einbezieht, dass die Zinsen im Jänner unverändert bleiben, selbst mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit.
Die Antwort des Entwicklers:
„Das hängt damit zusammen, dass das Modell nur die zwei wahrscheinlichsten Szenarien in jedem Schritt Wahrscheinlichkeiten zuordnet. Das macht das FedWatchTool genau so. Meiner Meinung auch der größte Kritikpunkt am FedWatchTool. Es gibt aber leider keine geeigneten Daten um das einfach zu fixen, weder für FED noch EZB.
Für den nächsten Termin ist die Wahrscheinlichkeit aber auf jeden Fall kleiner als 10%.“
Diese berechtigte Kritik ist auch der Hauptkritikpunkt vieler an der Methodik des FedWatchTools. Zwar gibt es Daten (z. B. aus SOFR-Optionen in den USA), die eine vollständige Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnen könnten, jedoch sind für die Eurozone entsprechende Datenquellen wie €STR-Optionen aufgrund geringer Liquidität bislang nicht nutzbar. Es ist bei der Nutzung des ECB Watch Tools wichtig zu wissen, dass aufgrund der Konstruktion dieses Tools es auch schwarze Bereiche gibt, die nicht mit Wahrscheinlichkeiten hinterlegt werden. Es ist also keineswegs gewiss, dass die EZB zum nächsten Termin am 30. Jänner 2025 ihre Leitzinsen senken wird.

Marktdaten und Methodik
- Grundlage:
- Die Berechnungen basieren auf Marktdaten wie €STR, Euribor und entsprechenden Derivaten.
- Nelson-Siegel-Svensson (NSS)-Modell:
- Dieses Modell erzeugt eine Renditekurve, die die Laufzeiten und Zinssätze im Euro-Raum beschreibt.
- Stufenweise Funktionen:
- Mithilfe numerischer Optimierung werden stufenweise Funktionen entwickelt, die sich an den EZB-Entscheidungsterminen orientieren. Jede Stufe repräsentiert eine wahrscheinliche Änderung des Zinsniveaus.
- Wahrscheinlichkeiten:
- Wie beim FedWatchTool werden aus den stufenweisen Änderungen Wahrscheinlichkeiten berechnet, die die Markterwartungen widerspiegeln. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um „echte“ mathematische Wahrscheinlichkeiten, sondern um eine Schätzung basierend auf Marktpreisen.
Fazit
Die Entwicklung der EZB-Leitzinsen bleibt ein heiß diskutiertes Thema, das von Inflation, Rezession und der ungewissen Zukunft der Geldpolitik geprägt ist. Tools wie das ECB Watch Tool bieten zwar interessante Einblicke in Markterwartungen, müssen jedoch aufgrund methodischer Einschränkungen kritisch betrachtet werden.
Die hohe Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung von 3,00 % auf 2,75 % bis zum 30. Jänner 2025 spiegelt die aktuelle Marktstimmung wider. Doch die begrenzte Datenbasis und das Modell, das nur die zwei wahrscheinlichsten Szenarien berücksichtigt, lassen einige Unsicherheiten offen. Diese Kritik ist nicht neu und betrifft ähnliche Tools wie das FedWatchTool gleichermaßen.
Das ECB Watch Tool ist daher eine nützliche Ergänzung für die Analyse, jedoch kein verlässlicher Indikator für sichere Prognosen. Es zeigt die Markterwartungen auf, kann aber nicht alle potenziellen Szenarien abdecken. Investoren und Interessierte sollten sich bewusst sein, dass die tatsächlichen Entscheidungen der EZB von vielen Faktoren beeinflusst werden, die nicht vollständig in diesen Modellen abgebildet werden können.